Jens Isensee (*1981) zeigt Arbeiten, die während des zehnmonatigen Aufenthalts in der Künstlerstätte Stuhr-Heiligenrode entstanden sind…
Die Ausstellung wird am Samstag, 14. Mai um 15 Uhr eröffnet. Künstlerstätte Stuhr-Heiligenrode | 15. Mai – 15. Juni 2016 | An der Wassermühle 5 | 28816 Stuhr | Öffnungszeiten: Fr + Sa 15 – 18 Uhr, So + Feiertage 11 – 18 Uhr | Presse: Kreiszeitung , Weser Kurier
Ausstellungstext: „Ich konstruiere raumgreifende Installationen aus temporären Materialien. Sie intervenieren in den Ausstellungsraum als könnten sie Elemente aus dem sie umgebenden gesellschaftlichen Kontext greifen und in sich aufnehmen. Diesen Plastiken wohnt die Dynamik inne, Bezug zu nehmen und zu kontrastieren. Die Objekte aus Karton und Acryl erscheinen wuchtig in Anmutung und Masse, gleichwohl stellt sich dem Betrachter die Frage über die innere Beschaffenheit und Substanz dieser Körper. Im Fokus meiner Arbeit liegt nicht zuletzt diese spekulative Reflexion auf den substanziellen Kern der Dinge und der Fiktionen, die unser Leben bestimmen während sie unter Oberflächen und Formen gelegen sind, die wir irrtümlich für die Grenzen der Wahrnehmung halten.
Meine Objekte und Installationen bestehen einerseits aus fragilen Alltagsmaterialien wie Karton, Holz, Lack und Kunststoff. Sie verweisen damit auf eine, der materiellen Wertigkeit entzogene, konzeptionelle Qualität und weisen auch in diesem Sinne funktionale, technische Komponenten auf. Das fängt an bei Bewegungsmeldern und Lampen an, reicht über Drehmotoren und Mikrofone bis hin zu Computer-Hardware. Gemeinsam ist all diesen Modifikationen ihr Interaktionspotential, dass dem Betrachter in seiner wahrnehmenden Passivität die Rolle eines Akteurs anbietet. Dieses Anliegen wird am deutlichsten in meinen interaktiven Videoinstallationen. Damit sind dreidimensionale Computersimulationen gemeint, in deren Geschehen der Betrachter – oder sollten wir inzwischen vom Benutzer reden – räumlich eingreifen kann.
Dieses Einwirken wird durch Kamerasensorik und Gesichtserkennung möglich und spielt mit dem verlockenden und immersiven Charakter virtueller Räume.
Einen besonderen Reiz bildet darin jener Moment der Interaktion, den moderne Computertechnik und Software initiieren. In diesem Moment treten die Ausstellungsobjekte aus der Passivität ihrer Ausstellungssituation in einen Zustand aktiver Kommunikation mit dem Betrachter ein. Mal offenbaren sie freimütig ihre Facetten und Essenzen, mal lassen sie sich diese nur widerwillig entlocken und wollen erkundet werden.
In der gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Nutzung scheinen mir die multimedialen Mittel zur Generierung und Konstruktion von neuartigen Wirklichkeitsräumen dem Wesen nach meist flüchtig oder gar eskapistisch zu sein. Mein aktueller Ansatz ist deshalb bemüht den User selbst zum Gestalter von Formprozessen zu machen, für die ich als Künstler die Rahmenbedingungen entwickle. Unter individueller Einwirkung des Betrachters entstehen dann unikate, dreidimensionale Gebilde. Es geht mir darum, mit diesen neuen visuellen und technischen Möglichkeiten konfrontierend zu arbeiten.
Letztlich handelt es sich auch um eine konzeptionelle Dekonstruktion, eine künstlerische Untersuchung der Realitätsverschiebungen in Kultur und Denken, wie sie die menschliche Subjektivität mit sich bringt. In Zeiten von voranschreitender Virtualisierung und zunehmendem Medienkonsums lässt sich das in zunehmender Klarheit beobachten, genügt dem Menschen wirklich eine zufriedenstellende Simulation von Handlungsfreiheit?
Darüber hinaus widme ich mich in einer Reihe von experimentell essayistischen Kurzfilmen gesellschaftlichen oder philosophischen Themen- und Gedankenkomplexen. In deren Funktionalität sich eine Transformation klassischer Werk- und Formprozesse in moderne Medien vollzieht. Ebenso enthusiastisch betreibe ich die Hinterfragung von Begrifflichkeiten und Paradigmen der Kunst im sich wandelnden Kontext neuer Medien, wie sie nicht zuletzt Computersoftware und Videospiele darstellen.“